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12. Januar 2022 Zora Schaad

«Ich habe einen Pinsel, keinen Zauberstab»

Seit sie 16 Jahre alt ist, arbeitet Mirjam Kronenberg als Malerin bei der ABZ. Unsere Genossenschaft ist für sie wie eine zweite Familie. Die ABZ verlassen? Niemals.

«In der Wohnung, in der ich heute war, kommt die Decke runter. Ich muss die alte Farbe mit einem Schwamm abwaschen, das Wasser läuft mir in den Ärmel, wir sind in Verzug mit allem.» Mirjam Kronenberg reibt an einem Farbfleck auf ihrem Bein. Sie hat einen strengen Tag hinter sich. Seit 4.45 Uhr ist sie auf den Beinen, jetzt, um 16 Uhr, liegen noch bis zu zwei Stunden Heimfahrt vor ihr. «Je nach Stau.» Ein Wohnungs- oder Jobwechsel, denkt man, das würde das Leben der 30-Jährigen erleichtern. «Auf keinen Fall», sagt Mirjam. «Ich liebe meinen Job, schon als Kind wollte ich Malerin werden. Und die ABZ ist meine zweite Familie. Da geh ich nicht weg.»

«Ich liebe meinen Job, schon als Kind wollte ich Malerin werden.»

Mirjam Kronenberg, Malerin bei der ABZ

Um sie zu verstehen, muss man zurückschauen. 16 Jahre alt war Mirjam, als sie als Lernende bei der ABZ anfing. «Meine Jugend habe ich hier verbracht. Ich habe viele Veränderungen erlebt, viele Mitarbeitende, die gekommen und gegangen sind. Das prägt.» Mirjam war immer da für die ABZ – und die ABZ für sie. «Ich wurde mit 21 Mami, war bald alleinerziehend mit drei kleinen Kindern. Mitte zwanzig erkrankte ich zudem schwer. Ich konnte nicht um 7 Uhr früh auf der Matte stehen, und wenn die Kleinen Fieber hatten, fehlte ich. Mit meinen Vorgesetzten fand ich jedes Mal eine Lösung – das ist nicht selbstverständlich.»

In Horgen und Wollishofen – hier in der Siedlung Entlisberg 2 – erinnern sich die Bewohnenden noch daran, wie Mirjam Kronenberg als Jugendliche Wände gestrichen hat.

Das Familiäre schätzt Mirjam nicht nur als Angestellte, sondern auch im Verhältnis zu Genossenschafterinnen und Genossenschaftern. «In Horgen und Wollishofen – etwa in der Siedlung Entlisberg 2 – gibt es Leute, die erinnern sich noch daran, wie ich als Jugendliche ihre Wände gestrichen habe. Die mich grüssen und ein paar Worte wechseln. Das finde ich sehr schön.» Weniger mag sie es, wenn Mieterinnen und Mieter überhöhte Ansprüche stellen. «Gerade während dem Lockdown haben viele ihre Wohnungen verschönert. Sie wünschten sich auch neue Farbe an ihre Wände und hofften, ich hätte sofort Zeit. Aber wir sind durchgeplant. Leider habe ich einen Pinsel, keinen Zauberstab.»

Fotografie
Reto Schlatter

Zora Schaad

Liebt Büsis, Bücher und Pommes. Verdient ihr Geld mit Buchstaben und Ideen.

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