31. Mai 2021 Ariel Leuenberger

Mehr Partner und neue Finanzierungsformen

Um die Zinsen und das Risiko tief zu halten, verteilt die ABZ ihre Schulden auf verschiedene Partner und neue Finanzierungsformen. Wie geht sie dabei vor?

Wer in der ABZ wohnt, bezahlt eine Kostenmiete. Die Genossenschaft verrechnet nur die tatsächlich anfallenden Kosten und macht keinen Gewinn. Durch Wertsteigerungen und haushälterisches Wirtschaften ist es ihr gelungen, eine beachtliche finanzielle Substanz aufzubauen: die stillen Reserven. Darunter fallen unsere eigenen Grundstücke, die wir zum Anschaffungswert in unseren Büchern führen – und da die Anschaffungen bis zu 100 Jahre zurückliegen, hat sich ihr Wert mit der Zeit vermehrt. Martin Uebelhart, Bereichsleiter Finanzen und Dienste, erläutert: «Einerseits fliesst der Landwert zum Zeitpunkt der Anschaffung in die Berechnung der Kostenmiete ein, andererseits schöpfen wir die gesetzlichen Möglichkeiten bei den Abschreibungen auf den Gebäuden aus und reduzieren so die Steuerbelastung.»

Viel Fremdkapital zu guten Konditionen

Weil die ABZ hohe stille Reserven hat, kann sie zu guten Konditionen Geld ausleihen. Und das müssen wir: Unser ausgewiesenes Eigenkapital beträgt 30 Millionen Franken, das Fremdkapital beläuft sich auf über eine Milliarde Franken. Dieses Geld stammt von unseren Mitgliedern in Form von Depositen, von Banken, Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen in Form von Hypotheken sowie von verschiedenen Geldgebern in Form von Anleihen und Darlehen.

«Unser Ziel ist es, die Kosten fürs Fremdkapital und das Risiko von Zinssteigerungen möglichst tief zu halten», erklärt Uebelhart. «Darum haben wir unsere Schulden in den letzten Jahren auf mehr Partner und neue Finanzierungsformen verteilt». Zu den klassischen Bank-Hypotheken kamen also Hypotheken von Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen, Anleihen und Darlehen dazu. Die letztgenannte Form hat den Vorteil, dass keine Schuldbriefe erstellt werden müssen – statt Dokumente mit teilweise über 20 Seiten und aufwändige Einträge im Grundbuch reicht für ein Darlehen oft ein Vertrag mit ein bis zwei Seiten.

«Wir suchen langfristige Finanzierungsmöglichkeiten, um das heutige Zinsniveau zu sichern»

Martin Uebelhart, Bereichsleiter Finanzen und Dienste

Neue Wege mit eigener Anleihe

Als erste Wohnbaugenossenschaft der Schweiz geht die ABZ neue Wege: Wir wollen eine eigene nachhaltige Anleihe herausgeben. Eine erste Emission zu festem Zins und einer langen Laufzeit ist geplant. Diese für uns neue Form der Finanzierung wird die klassischen Hypotheken nicht vollständig ersetzen. Der Anteil an Anleihen bleibt beschränkt, denn sie sind wenig flexibel und für die Finanzierung von Bauprojekten nicht geeignet. Für die Zukunft sieht Uebelhart steigende Zinsen voraus: «Das Tiefzinsniveau wird uns noch eine Weile erhalten bleiben, kann aber nicht ewig anhalten. Darum suchen wir langfristige Finanzierungsmöglichkeiten, um das heutige Zinsniveau zu sichern». Und dabei helfen die Anleihen, die eine Laufzeit von bis zu 20 Jahren haben können.

Die häufigsten Fragen zur ABZ-Anleihe

  • Anleihen haben eine feste Laufzeit und einen festen Zins. Das heisst: Nach der Laufzeit von zum Beispiel 10 Jahren zahlt die ABZ den gesamten Nominalbetrag zurück, die Anleihe erlischt. Während der Laufzeit zahlt die ABZ einen festen Zins. Dieser Zins ist tief, da die ABZ sehr vertrauens- und kreditwürdig ist. Auch deshalb werden Anleihen nicht aus Gründen der Rendite gekauft, sondern zur sicheren Anlage von Kapital. Wer ABZ-Anleihen kauft, hat kein Stimmrecht an unserer GV.

    Aktien haben keine feste Laufzeit und keinen festen Zins, sie sind darum oft grossen Kursschwankungen ausgesetzt. Damit lässt sich spekulieren: Mit Aktien sind hohe Renditen, aber auch grosse Verluste möglich. Wer Aktien hält, geht ein gewisses Risiko ein. Wer Aktien kauft, hat damit auch ein Stimmrecht an der GV. Oftmals ist das eine Stimme pro Aktie.

  • Die meisten Anleihen mit einem grossen Volumen werden über die Börse gehandelt. So auch die ABZ-Anleihe. Das hat einen grossen Vorteil für die ABZ: Wenn Investoren ihre Anleihen verkaufen wollen, weil sie zum Beispiel ihr Geld wieder flüssig brauchen für ihre Verpflichtungen, so können sie über die Börse schnell und ohne die Hilfe der ABZ andere Investoren finden, welche ihre Anteile übernehmen.

  • Die ABZ ist vom Zahlungsverkehr über die Finanzierung ihrer Bauprojekte bis zur Altersvorsorge ihrer Mitarbeitenden auf den Finanzplatz angewiesen. Anders als viele gewinnorientierte Unternehmen haben wir einen hohen Anspruch an Ethik und Nachhaltigkeit unseres Handelns. Die ABZ-Anleihe mit der Auszeichnung für Nachhaltigkeit gibt uns die Möglichkeit, diese Werte auch hier in konkretes Handeln umzusetzen.

    Gleichzeitig zieht die nachhaltige ABZ-Anleihe Investoren an, die bereit sind, zu Gunsten der Nachhaltigkeit auf einen Teil ihrer Rendite zu verzichten, denn der Zinssatz liegt unter demjenigen «gewöhnlicher» Anleihen.

    Die ABZ-Anleihe ist eine Weiterentwicklung eines Instruments, das wir seit den 90er-Jahren nutzen. Damit können wir direkt und preislich attraktiv Fremdkapital aufnehmen. Dank unserer Grösse erhalten wir bessere Konditionen für unsere Genossenschaft. Und wir sind eine der ersten Organisationen, die Finanzierungen mit den Werten der Nachhaltigkeit verbindet.

    Kostenoptimierungen zum Wohl unserer Mitglieder machen wir in allen Bereichen z.B. auch bei der Auswahl unserer Baupartnerfirmen und Lieferanten.

    Mehr zur ABZ-Anleihe findet sich im Interview mit Susanne Heule sowie im Artikel zur Finanzierung der ABZ.

Dass die ABZ ihren finanziellen Verpflichtungen jederzeit nachkommen kann, ist für Uebelhart übrigens Ehrensache: «Auch zur Anfangszeit der Pandemie, wo der Kreditmarkt zum Erliegen gekommen ist, genossen wir vollstes Vertrauen bei unseren Finanzierungspartnern und waren jederzeit liquid», erzählt er stolz.

Alle Zahlen finden Sie in der Jahresrechnung der ABZ.

Ariel Leuenberger

Mag Landkarten, Espresso und fremde Städte. Fährt am liebsten Velo. Leitete die Kommunikation der ABZ-Geschäftsstelle.

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