5. November 2020 Ariel Leuenberger

Rücktritt nach zwölf Jahren Vorstandsarbeit

Dominik Osterwalder ist nach zwölf Jahren als ABZ-Vorstandsmitglied zurückgetreten. Es war ihm stets besonders wichtig, dass im Trubel der grossen Bauprojekte die bestehenden Siedlungen nicht vergessen gehen. Im Interview blickt er zurück.

Herr Osterwalder, Sie haben sich entschieden, den ABZ-Vorstand zu verlassen. Wieso?

Zum einen finde ich, dass nach zwölf Jahren ein Wechsel im Vorstand guttut – Amtszeiten sollten auch mal zu Ende gehen. Zum andern bringt mein Amt als Leiter des Bauausschusses sehr viel Arbeit mit sich und das wurde mir zu viel. Ich brauche mehr Zeit für mich und meine privaten Projekte.

Sie haben viele Bauprojekte begleitet. Welche waren die Highlights?

Das ist schwierig zu sagen. Engagiert man sich für ein Projekt, wächst es einem ans Herz. Dann sind eigentlich alle Projekte Highlights, auch wenn es etwa nur um kleine Aufwertungen wie ein Sonnensegel geht, damit die Kinder im Schatten spielen können. Was bleibt, ist vor allem die enorme Vielfalt. Und was mir schon immer gefallen hat: Den Auftrag erfüllen zu können, gemeinsam zu wachsen und mehr Boden der Spekulation zu entziehen.

«Bei der Sanierung meiner Siedlung lief vieles schief. Deshalb entschied ich mich, für den Vorstand zu kandidieren und es besser zu machen.»

Was macht eine gute Genossenschaftssiedlung aus?

Ansprechende, gute Wohnungen zu fairen Preisen. Und eine Architektur, die das Zusammenleben fördert, aber nicht erzwingt, die Möglichkeiten mit Freiräumen schafft, die man sich aneignen kann, wenn man will. Zum Beispiel mit Innenhöfen oder Gemeinschaftsräumen.

Ist das in Ihrer Siedlung gelungen?

Ich wohne in der Siedlung Schaffhauserstrasse. Bei der Sanierung vor mehr als 20 Jahren lief vieles schief. Deshalb entschied ich mich, für den Vorstand zu kandidieren und es besser zu machen. Denn die schönen, alten Häuser wurden mit Kunststofffenstern, PVC-Bodenbelägen und billigem Parkett ausgestattet. In der Umgebung wurden alte Holzbänke mit lieblosen Betonbänken ersetzt – sehr schade. So gesehen ist es eine schwierige Siedlung, aber zusammen mit der Nachbarschaft bildet sie einen Hof, der sehr belebt und schön ist. Das macht vieles wett.

Ihnen war es stets wichtig, dass die ABZ sorgfältig mit den bestehenden Anlagen und Bauten umgeht.

Bei all unseren grossen Bauprojekten ist es wichtig, dass wir das Kleine und die bestehenden Siedlungen nicht vergessen. Dafür habe ich mich immer eingesetzt – zusammen mit anderen. Die Siedlung Hochstrasse etwa war zum Ersatz vorgesehen, dann hat sich der Vorstand aber für eine Sanierung entschieden. Und zwar so, dass sie ihren Charakter und ihren Ausdruck behält, aber trotzdem wärmetechnisch optimiert wird. Wir konnten eine dünne, relativ diskrete Dämmung auf die Fassade auftragen. Ebenfalls wurde eine Wärmepumpe eingebaut, sodass kein Erdöl mehr verheizt wird. Ein schönes Resultat, für das es sich gelohnt hat, Einsatz zu zeigen. Die Siedlung ist wie eine Oase am reichen, verschlossenen Zürichberg – einfach ein schöner Ort.

Dieses Abwägen zwischen Ersatzneubau oder Sanierung – ein heikles Gleichgewicht?

Diese Entscheidungen sind schwierig, ja. Klar hätten wir gerne natürliche Materialien, grössere Wohnungen, eine gute Schalldämmung. Und das alles auch noch günstig und mit dem Charme des Altbaus. Aber das ist meist nicht möglich. So gibt es bei jedem Projekt unzählige Parameter, die zusammenhängen. Und irgendwann braucht es Entscheide – die werden bei uns sorgfältig abgewogen. Der Ersatzneubau der Siedlung Balberstrasse 2 bietet zum Beispiel mehr als doppelt so vielen Leuten ein Zuhause und verbraucht nur einen Bruchteil der Wärmeenergie. Klar hatte die alte Siedlung viel Charme, aber auch der Ersatzneubau hat seinen Reiz.

Hat die ABZ ein Gleichgewicht gefunden?

Ich würde sagen, die ABZ ist dauernd auf der Suche danach. Das wahrscheinlich Wichtigste ist, dass man dranbleibt und immer wieder prüft und hinterfragt. Das hat mit dem Bauen zu tun, aber auch mit dem ganzen System. In meiner Amtszeit haben sich extrem viele Veränderungen in der ABZ durchgesetzt, die ABZ hat sich immer weiterentwickelt. Und ich wünsche mir, dass es so weitergeht.

Was wünschen Sie sich sonst noch für die Zukunft der ABZ?

Viele schöne, neue Wohnungen. Der Glattpark und das Koch-Areal, das sind zusätzliche Wohnungen für zusätzliche Mitglieder, die sonst in Zürich keine Chance auf eine Wohnung haben. Und das müssen wir weiterhin machen: Wohnraum schaffen, der auch Leuten zugutekommt, die sich die Marktmieten nicht leisten können.

Fotografie
Reto Schlatter, Markus Frietsch

Ariel Leuenberger

Mag Landkarten, Espresso und fremde Städte. Fährt am liebsten Velo. Leitete die Kommunikation der ABZ-Geschäftsstelle.

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