13. November 2019 Zora Schaad

«Ich sehe einer Wohnung an, wer darin gelebt hat»

Daniel Albrecht arbeitet erst seit einem halben Jahr bei der ABZ. Trotzdem weiss der Maler jetzt schon: Hier möchte er bleiben.

«Ich bin ein positiver Mensch. Wo andere Kritik anbringen, sehe ich fast immer auch das Vorteilhafte.» Deshalb fiel es Dani Albrecht nicht leicht, bei seinem vorherigen Arbeitgeber in Thalwil zu kündigen. «Ich war wirklich zufrieden dort, eigentlich der Zufriedenste in der Firma. Aber in Zürich zu arbeiten, wo ich auch wohne, noch dazu bei einer Genossenschaft, die mir von ihren Werten her entspricht – das war letztlich unwiderstehlich.»

«Hier möchte ich bleiben.»

So kommt es, dass der 42-Jährige seit Herbst 2018 bei der ABZ Wände, Türen und Fenster streicht, Tapeten erneuert oder Risse im Gips spachtelt. Es gibt vieles, das der zweifache Familienvater an seiner neuen Stelle mag: zum Beispiel, dass der Betrieb und die Arbeitszeiten strukturiert sind, dass Anstellungsbedingungen und Sozialleistungen arbeitnehmerfreundlich sind und dass er in einem Team arbeiten kann, das auch menschlich stimmt. Darum ist für Dani Albrecht jetzt schon klar: «Hier möchte ich bleiben.»

Das achtköpfige Malerteam beginnt seinen Tag im Stützpunkt Sihlfeld nicht mit der Stechuhr um 7 Uhr, sondern trudelt ab 6.30 Uhr ein und setzt sich mit einem Kaffee zusammen. Nach der Teamsitzung laden die Maler Farben und Werkzeuge in ihre Dienstwagen und fahren in die Siedlungen davon.

«In Zürich zu arbeiten, wo ich auch wohne, noch dazu bei einer Genossenschaft, die mir von ihren Werten her entspricht – das war letztlich unwiderstehlich.»

Daniel Albrecht

Der Weg führt Dani Albrecht heute in die Siedlung Schaffhauserstrasse. In der Siedlung, die 1995 saniert wurde, steht ein Wohnungswechsel an. Die Mieterin hat mit ihrer Familie seit dem Umbau in der 4-Zimmer-Wohnung gelebt und bezieht nun eine kleinere Wohnung nebenan. Zur Übergabe erscheinen neben der Mieterin und dem Maler auch der zuständige Hauswart. Gemeinsam gehen sie Zimmer für Zimmer durch und loben die Bewohnerin: Dafür, dass sie fast ein Vierteljahrhundert mit Kindern in diesen Räumen gelebt hat, sieht die Wohnung picobello aus. Abnützungserscheinungen gibt es natürlich trotzdem, ausserdem einige farbige Wände. Gemeinsam mit dem Hauswart entscheidet der Maler, die ganze Wohnung neu zu streichen. Auch Risse in den Decken und Wänden sowie das rostige Balkongeländer prüfen die Handwerker, protokollieren einige Mängel und beschliessen das weitere Vorgehen. «Am Zustand einer Wohnung kann man einiges über die Menschen ablesen, die darin gelebt haben.»

Maler sind locker drauf

«Ich mag die Vielseitigkeit in meinem Beruf», sagt Albrecht. «Und die Freiheit.» Er sei oft in Kontakt mit anderen; etwa Kollegen, anderen Handwerkern und Mietern. Im Gegensatz zu einigen privatwirtschaftlichen «Peitschenknallerbetrieben» sei bei der ABZ auch Zeit für einen kurzen Schwatz oder einen Kaffee in der Küche eines Mieters oder einer Mieterin. Während des Malens selbst ist er meist allein in der Wohnung, mit seinem Radio und seinen Gedanken.
Schon immer war für den Stadtzürcher klar, dass er mit den Händen arbeiten will. Zuerst absolvierte er eine Anlehre als Schreiner, «aber das war irgendwie nicht mein Ding.» Das Malen dagegen lag ihm vom ersten Tag an, auch das kollegiale Umfeld stimmte – «Maler sind irgendwie locker drauf, das gefällt mir.» Er selbst ist immer dann besonders locker drauf, wenn er mit seinen Kollegen in den Letzigrund geht. «Seit 25 Jahren gehen wir an jedes Heimspiel des FCZ. Heute kommen auch meine Töchter manchmal mit. Dieses Gemeinschaftsgefühl gibt mir sehr viel.»

Zora Schaad

Liebt Büsis, Bücher und Pommes. Verdient ihr Geld mit Buchstaben und Ideen.

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