13. Dezember 2019 Zora Schaad

«Sieben ist eine sympathische Zahl»

Isaak Ornstein ist Buchhalter, Pingpong-Spieler und Büro-Frohnatur. Der 33-Jährige setzt sich privat und beruflich für bezahlbaren Wohnraum in Zürich ein.

«Du wohnst auch in der ABZ? Deinen Namen kenne ich gar nicht – das heisst, du zahlst deine Rechnungen pünktlich!» Isaak Ornstein lacht. Die Namen der Mieter/innen, die häufig gemahnt werden müssen, bleiben im Gedächtnis des Buchhalters hängen, der seit 2015 bei der ABZ arbeitet.

Wenn er morgens um acht Uhr ins Büro kommt, macht er zuerst eine Hallo-Runde und loggt sich ins System ein, bevor ab halb neun sein Telefon zu klingeln beginnt. Oft sind Mieterinnen und Mieter in der Leitung, die den Erhalt einer Mahnung nicht verstehen oder die sich erkundigen, welche Zahlungsmöglichkeiten ihnen bleiben, wenn sie knapp bei Kasse sind. «Die ABZ mahnt jeden Monat etwa 250 Mieterinnen und Mieter. Ich habe viel Verständnis für schwierige Situationen. Doch wenn mir Leute sagen, sie können die Miete nicht bezahlen, weil sie zuerst ihre Karibikferien oder den grossen Plasmafernseher abzahlen müssen, ärgert mich das schon.» Die Arbeit mit gemahnten und betriebenen Mietern hat auch ihre traurigen Seiten. «Es kam schon vor, dass Leute ihre Rechnungen gar nicht bezahlten und auch das persönliche Beratungsgespräch nicht fruchtete, sodass wir ihnen kündigen mussten. Nicht alle Mieter akzeptieren das. In solchen Fällen war ich auch schon für die ABZ vor Gericht und habe mit Dokumenten dargelegt, dass wir ordnungsgemäss und sozial vorgegangen sind. Das war gleichzeitig bedrückend und interessant.»

«Wenn ich irgendwo eine Differenz sehe, gehe ich dem sofort auf den Grund»

Isaak Ornstein

Erster Arbeitstag am Mitarbeiterausflug

Bezahlbaren Wohnraum anzubieten, damit Zürich eine lebendige und durchmischte Stadt bleibt, ist Isaak Ornstein ein Anliegen. Privat engagiert er sich deshalb gegen den Abriss einer Siedlung im Zürcher Kreis 3. Da, wo er aufgewachsen ist und immer noch wohnt, möchte die Bauherrschaft Wohnungen im mittleren Preissegment durch solche im Hochpreissegment ersetzen. «Dagegen wehre ich mich.»

Bei der ABZ fühlte sich Isaak Ornstein von Anfang an willkommen. «Mein erster Arbeitstag fiel mit dem Mitarbeiterausflug zusammen. Statt ins Büro ging ich also auf die Insel Mainau. Ich kannte niemanden ausser meinem damaligen Chef, wurde aber vom ersten Augenblick an herzlich aufgenommen.» Bis heute kommt Isaak Ornstein mit allen gut aus. «Ich esse oft mit meinem Team zu Mittag, manchmal auch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen. Oder ich schnappe mir jemanden und fordere ihn zu einer Runde Pingpong im Innenhof heraus.» Der Nachmittag verläuft jeweils ruhiger als der Morgen, das Telefon bleibt dann länger stumm. Nun ist Zeit, um Zahlungen einzulesen, Konten zu verbuchen, Rechnungen und Bilanzen durchzugehen. «Wenn ich irgendwo eine Differenz sehe, gehe ich dem sofort auf den Grund. Obwohl ich sonst kein Tüpflischisser bin, bin ich in dieser Hinsicht ein typisch pedantischer Buchhalter.» Hilfreich für seinen Job ist, dass Isaak Ornstein Zahlen mag. Sieben ist seine Lieblingszahl. «Sieben ist einfach sympathisch. Ich hatte noch nie eine Differenz mit sieben», meint er lachend. Am Samstag setzt Isaak Ornstein seine Kippa auf und besucht die Synagoge. Auch andere jüdische Feiertage begeht er, der sich selbst als modern-orthodoxer Jude bezeichnet, ohne Ausnahme. «Das ist bei der ABZ glücklicher weise kein Problem, ich beziehe an den entsprechenden Tagen einfach Ferien. Und meine Kollegen sind ganz froh, weil ich dafür freiwillig immer an Weihnachten arbeite.»

Zora Schaad

Liebt Büsis, Bücher und Pommes. Verdient ihr Geld mit Buchstaben und Ideen.

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