15. Juli 2020 Ingrid Diener

«Unsere Bewohnerschaft ist gut vernetzt»

Eine gut vernetzte Bewohnerschaft, angepasste Siedlungsanlässe und Unsicherheit bezüglich Verantwortlichkeiten – Jürg Hitz von der Siedlungskommission Zurlinden erzählt von der Lockdown-Zeit und blickt auf die kommenden Monate.

Herr Hitz, was passierte in Ihrer Siedlung, als Mitte März der Lockdown kam?

Als die ersten Einschränkungen umgesetzt wurden, kamen diverse Ideen in unserer Siedlungskommission auf: etwa die Produktion eines Siko-Flyers mit nachbarschaftlichem Angebot oder die Herstellung von Desinfektionsmittel, weil dieses kaum noch zu erhalten war. Der Fahrlehrer in unserer Siedlung bot uns eine 24-Stunden-Fahr- und Einkaufshilfe an. Ein anderer Bewohner bot selbstständig auf WINK Unterstützung bei den Einkäufen an. Gleichzeitig waren wir uns aber unsicher, ob wir als Siedlungskommission nun Verantwortung übernehmen und ein richtiges Verhalten unserer Bewohnerinnen und Bewohner garantieren mussten.

Wie haben Sie diese Frage gelöst?

Sie hatte sich von alleine gelöst – als die ABZ-Geschäftsstelle mit einer offiziellen Mitteilung an die Bewohnerinnen und Bewohner herantrat. Dafür sind wir dankbar, denn das entlastete uns sehr. Die darauffolgenden Wochen zeigten zudem, dass eine Kommunikation durch die Siedlungskommission nicht nötig war. Die Mitteilungen durch die ABZ-Geschäftsstelle reichten aus. Die Bewohnerinnen und Bewohner informierten sich via Aushänge im Treppenhaus und in den Medien.

Haben die Bewohnerinnen und Bewohner sich gegenseitig unterstützt?

Die meisten nutzten die Unterstützung beim Einkaufen im Rahmen ihrer bereits bestehenden Nachbarschaftsnetzwerke. Das von der Siedlungskommission initiierte und via Aushang kommunizierte Einkaufsangebot und das Gesprächsangebot zu Gesundheit und Hygiene wurden nicht wahrgenommen. Auch meldete sich niemand beim Bewohner, der seine Hilfe über WINK angeboten hatte.

«Die meisten nutzten die Unterstützung beim Einkaufen im Rahmen ihrer bereits bestehenden Nachbarschaftsnetzwerke.»

Jürg Hitz von der Siedlungskommission Zurlinden

Welches Fazit ziehen Sie daraus?

Die Leute sind sowohl in der Siedlung als auch ausserhalb sehr gut mit Freunden, Familie und Bekannten vernetzt. Wir glauben, dass die Siedlungskommission ein abstraktes Konstrukt ist, welches der Grossteil der Bewohnerschaft nicht kennt. Und da offensichtlich keine Not oder grosse Probleme bestanden, kam eine Unterstützung durch die Siedlungskommission nie ins Spiel.

Zahlreiche Siedlungen mussten geplante Anlässe absagen. Sie auch?

Die Mieterjahresversammlung hatten wir noch vor der Krise durchgeführt und die Durchführung unserer Treffpunktplattform «Karussell» mussten wir anpassen.

Inwiefern?

Beim Karussell treffen sich Bewohnerinnen und Bewohner einmal pro Monat zu einem bestimmten Thema – in der Vergangenheit zum Beispiel Grill, Tanz, Gesellschaftsspiele, Kulinarik. Während des Lockdowns ging das natürlich nicht. Deshalb haben wir alle uns bekannten Teilnehmenden per E-Mail gebeten, einen Einblick in ihren Corona-Alltag zu gewähren. Diese Beiträge haben wir als Onlineausstellung auf unserer Siedlungswebsite aufgeschaltet. Zudem haben wir im Rahmen des Karussells einmal ein Balkonkonzert durchgeführt und eine Bewohnerin hat selbstgezogene Calendula-Stecklinge ihren Nachbarinnen und Nachbarn verschenkt.

«Im Herbst organisieren wir unser Siedlungsfest, das nur draussen bei günstigem Wetter stattfinden wird.»

Jürg Hitz von der Siedlungskommission Zurlinden

Welche Rolle spielt hier die Siedlungskommission?

Viele Projekte und Anlässe in der Siedlung wie zum Beispiel das Karussell, die Sperrmüllentsorgung, das Siedlungsfest, der Samichlaus oder der Jahresabschluss mit Fondue laufen unter den jeweiligen Verantwortlichen. Die Siedlungskommission ist also nicht aufgerufen, Neues oder Anpassungen zu initiieren. Unsere Aufgabe sehen wir in der Begleitung der Aktivitäten. Handlungsbedarf besteht hingegen beim Gemeinschaftsraum. Mietverträge müssen angepasst werden: zum Beispiel mit den BAG-Richtlinien bezüglich Höchstbelegung, Aufnahme von Namen und Telefonnummern der Anwesenden, Betonung der Eigenverantwortung bezüglich Möblierung und der Einhaltung der Abstände. Zudem müssen wir gemäss Schutzkonzept Desinfektionsmittel bereitstellen und die fachgerechte Nachreinigung der Flächen gewährleisten.

Wie sehen die kommenden Monate für die Siedlung Zurlinden aus?

Das aufwändige Karussell wird nach 35 Runden ressourcenbedingt nicht mehr organisiert. Wir sind jetzt auf der Suche nach niederschwelligeren, schlankeren Formen, welche Begegnungen partizipativer ermöglichen. Dabei bauen wir auf Eigeninitiativen der MieterInnen. Eine Idee ist die «Willkommens-Kultur im Hof», wo man zum Beispiel mit Getränk und Essen in den Hof zieht und dort mit andern signalisiert, dass man für eine Begegnung oder auch nur ein kurzes Kennenlerngespräch offen ist. Der Virusschutz basiert auf eigene Verantwortung.

Siedlungsfeste sind fester Bestandteil des ABZ-Sommers. Planen Sie eines?

Ja, im Herbst organisieren wir unser Siedlungsfest, das nur draussen bei günstigem Wetter stattfinden wird. Auch dieser Anlass baut auf ein verantwortungsvolles Verhalten mit Tragen von Masken und Einhalten von Abstand. Für die Mieterjahresversammlung 2021 werden wir zu gegebenem Zeitpunkt die Situation neu bewerten.

Fotografie
Siedlungskommission Zurlinden

Ingrid Diener

Ist Wandervogel, Federer-Fan und Teetrinkerin. Hat am liebsten Sommer. Bei der ABZ für die Kommunikation im Einsatz.

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