31. August 2022 Ariel Leuenberger

«Verständnis für die Anliegen der Stadt»

Kuno Gurtner wird pensioniert und tritt als städtischer Vertreter aus dem ABZ-Vorstand zurück. Seine Nachfolge übernimmt Annick Lalive d’Epinay.

Was haben Sie, Herr Gurtner, als städtischer Vertreter im Vorstand der ABZ bewirken können?

Ich hoffe, dass ich Verständnis für die wohnpolitischen Anliegen der Stadt wecken konnte. Wir – ABZ und die Stadt – haben ja das gleiche Ziel: zahlbaren Wohnraum für möglichst viele Menschen anbieten. Aber wie das Ziel am besten erreicht werden kann, darüber gehen die Vorstellungen manchmal auseinander. So ist es auch schon vorgekommen, dass ich in Abstimmungen im Vorstand mit 1:6 unterlag.

Welche Themen sind Ihnen besonders am Herzen gelegen?

Mir waren Themen besonders wichtig, bei denen es um die Zusammenarbeit zwischen Stadt und ABZ ging – etwa bei einem Tauschgeschäft, dank dem die ABZ in Leimbach mehr Wohnungen bauen kann und die Stadt zusätzlichen Schulraum erhält.

Wie haben Sie die ABZ während Ihrer Zeit im Vorstand wahrgenommen?

Als städtischer Vertreter, der nicht in der ABZ wohnt und auch nicht Siedlungspate war, hatte ich leider wenig direkten Kontakt mit Mitgliedern. Die ABZ als Organisation habe ich als sehr professionell geführt wahrgenommen, etwa in der Art und Weise, wie sie Bauprojekte plant und durchführt.

Annick Lalive d’Epinay und Kuno Gurtner im Innenhof der städtischen Siedlung Erismannhof.

Was wird Ihnen besonders in Erinnerung bleiben?

Ein Paar rote Schuhe – die Installation im Glattpark: Bei der Auswahl des Kunst-und-Bau-Projekts durfte ich die Jury leiten. Darüber hinaus das grosse Engagement von Vorstand, Geschäftsleitung und Mitarbeitenden, die hohe Wohnqualität von ABZ-Siedlungen, das vielfältige 100-Jahr-Jubiläum, die schier endlosen Diskussionen an Vorstandssitzungen über Mitwirkungsprojekte, von denen ich vermute, dass sie nur einen kleinen Teil der Mitglieder interessieren.

Was wünschen Sie der ABZ für die Zukunft?

Vorerst einfach einmal: Dass sich die beiden Projekte auf Baurechtsland der Stadt – Koch-Quartier, Projekt Ensemble auf dem Hardturm-Areal – ohne allzu langen juristischen Hürdenlauf umsetzen lassen.

Welchen Rat geben Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg?

Sie brauch keinen. Sie kennt sich bei gewissen Themen – Bauen, Ökologie – ohnehin besser aus als ich.

«Mir waren Themen besonders wichtig, bei denen es um die Zusammenarbeit zwischen Stadt und ABZ ging.»

Kuno Gurtner, Kommunikation und Stabsaufgaben Liegenschaften Stadt Zürich

Wieso hat der Stadtrat Sie, Frau Lalive d’Epinay, ausgewählt als städtische Vertreterin im ABZ-Vorstand?

Ich nehme an, dass er mich aufgrund meines beruflichen Hintergrundes und aufgrund meiner Nähe zum Finanzdepartement ausgewählt hat. Mit meinen Erfahrungen im Bauen für die 2000-Watt-Gesellschaft und für Netto-Null sowie meinem Wissen im Bereich des gemeinnützigen Wohnungsbaus bin ich hoffentlich gut qualifiziert für den Vorstand.

Welche Anliegen bringen Sie in den Vorstand mit ein?

Mein Auftrag ist, im Vorstand die Anliegen der Stadt zu vertreten. Diese sind natürlich breit gefächert, es gibt Gemeinsamkeiten wie das Schaffen und Erhalten von günstigem Wohnraum, es gibt aber sicherlich auch Differenzen wie das Umsetzen der teilweise sehr strengen Anforderungen bei Baurechten. Als vollwertiges Vorstandsmitglied setze ich mich aber nicht nur für die städtischen Anliegen ein, sondern möchte zu einer nachhaltigen, professionellen und robusten Entwicklung der ABZ beitragen.

Die städtische Siedlung Erismannhof (siehe Bilder) liegt in einem Quartier mit vielen genossenschaftlichen Bauten. Auch sonst sind sich Stadt und Genossenschaften nahe. Ist das ein Vorteil für die Bevölkerung?

Ich denke, ja. Der Auftrag der Stimmberechtigten, den Anteil gemeinnütziger Wohnungen in der Stadt auf einen Drittel zu heben, ist extrem ambitioniert. Die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und Genossenschaften ist auf dem Weg zu diesem Ziel sehr wichtig. Anders ausgedrückt: Die Genossenschaften sind für die Stadt zentrale Partner, um den Auftrag der Bevölkerung umzusetzen.

«Die Genossenschaften sind für die Stadt zentrale Partner, um den Auftrag der Bevölkerung umzusetzen.»

Annick Lalive d’Epinay, Bereichsleiterin Portfoliomanagement und Bestandesentwicklung, Liegenschaften Stadt Zürich

Gibt es Synergien zwischen Ihrem beruflichen Umfeld und der ABZ?

Ja, definitiv. Einerseits bringe ich als ehemalige Leiterin der Fachstelle nachhaltiges Bauen viel Know-How im Bereich des nachhaltigen Bauens mit und kenne die umweltpolitischen Ziele der Stadt sehr gut. Andererseits bin ich nun als Bereichsleiterin des Portfoliomanagements und der Bestandesentwicklung bei Liegenschaften Stadt Zürich genau im Gebiet des Schaffens und Erhaltens von günstigem Wohnraum tätig.

Der Boden in der Stadt ist sehr knapp und teuer. Sind Sie eher für Ersatzneubauten oder für Erhalten und Sanieren?

Ich bin vor allem dafür, keine Pauschalurteile abzugeben. Der Entscheid, ob eine Liegenschaft instandgesetzt oder ersetzt werden soll, ist idealerweise der Abschluss eines langen, sehr differenziert geführten Prozesses, bei dem viele verschiedene Aspekte abgewogen und bewertet werden. Mir ist es ein grosses Anliegen, diesen Entscheidungsprozess umfassend, ehrlich und transparent zu führen.

Worauf freuen Sie sich in der ABZ?

Auf die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten darf, auf die Themen, die wir gemeinsam diskutieren werden, auf die Horizont-Erweiterung und den vertieften Einblick in die genossenschaftlichen Strukturen. Je länger ich nachdenke, umso mehr freue ich mich!

Fotografie
Reto Schlatter

Ariel Leuenberger

Mag Landkarten, Espresso und fremde Städte. Fährt am liebsten Velo. Leitete die Kommunikation der ABZ-Geschäftsstelle.

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