6. Dezember 2022 Cynthia Grasso

«Wahrscheinlich ist auch bei uns der freundlich-distanzierte Typ vorherrschend»

Wie sieht es mit der Nachbarschaft in der ABZ aus? Jonas Bösiger, Leiter Soziales und Genossenschaftskultur bei der ABZ, schildert, welche Typen von Nachbar:innen in der ABZ wohnen.

Das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) hat eine Studie zum Thema Nachbarschaft in der Schweiz publiziert. Jonas Bösiger, Leiter Soziales und Genossenschaftskultur bei der ABZ, erklärt, wie Nachbarschaft in der ABZ funktioniert und wer in den ABZ wohnt.

Jonas Bösiger, wie wird Nachbarschaft in der ABZ sichtbar?

Auch in der ABZ plaudern die Nachbar:innen am liebsten beim Briefkasten oder im Garten. Tendenziell leben die ABZ-Bewohner:innen etwas weniger anonym miteinander: Die Menschen kommen bei uns etwa an verschiedenen Anlässen zusammen. Das fördert den Austausch.

Welcher Nachbarschaftstyp dominiert in der ABZ?

Die ABZ unterscheidet sich hier nicht vom Rest der Gesellschaft: Wahrscheinlich ist auch bei uns der freundlich-distanzierte Typ vorherrschend. Die Anzahl der Bewohner:innen, die sich aktiv in die Gemeinschaft einbringen, ist eher klein im Vergleich zur Gesamtzahl unserer Bewohnenden. Und ich vermute, es sind auch in der ABZ Inspirationssucher:innen, die sich gerne in unseren Siedlungskommissionen und in Aktivgruppen einbringen. Die eher werteorientierten Bewohnenden sind vielleicht weniger sichtbar, weil sie sie sich nicht unbedingt aktiv für die Siedlungen engagieren, dafür aber übergeordnete Themen wie den ABZ-Dialog steuern.

Wichtig scheint mir, dass es zwischen den verschiedene Nachbarschaftstypen keine scharfe Trennlinie, sondern eher Überschneidungen gibt. Die Hausgemeinschaften 55+ beispielsweise ziehen sicherlich Beziehungspfleger:innen an, für die Nachbar:innen auch eine Art Ersatzfamilie sein können. Es ist aber gut möglich, dass die 55+ früher zu den Distanzierten gehört hatten und sich ihre Bedürfnisse im Lauf des Lebens geändert haben.

Gibt es Bewohner:innen, die sich keinem Typ zuordnen lassen?

Da kommen mir am ehesten die Bewohner:innen im Haus für Alleinerziehende in den Sinn: Hier spielt das Miteinander noch einmal eine wichtigere Rolle als bei Beziehungspfleger:innen und Inspirationssucher:innen. Denn alleinerziehende Mütter und Väter sind darauf angewiesen, sich die Kinderbetreuung aufzuteilen. Zum Schluss möchte ich noch jene Menschen erwähnen, die ihren Wohnraum über soziale Institutionen erhalten, beispielsweise Jugendliche oder Asylsuchende. Hier springen das Jugendwohnnetz (JUWO), die Asylorganisation (AOZ) und Domicil ein. Diese Menschen sind, unabhängig von ihrer Nachbarschaftstypologie, auf Wohnraum angewiesen. Die ABZ erfüllt hier also eine gesellschaftspolitische Aufgabe.

Cynthia Grasso

Mag Menschen, Bücher und Natur. Leitet die Kommunikation der ABZ.

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