25. Mai 2020 Ariel Leuenberger

Waldlichtung statt Reihenhäuschen

Der Ersatzneubau für unsere Siedlung Leimbach rückt ein Stück näher: Der Architekturwettbewerb ist entschieden. Wer steckt hinter dem Siegerprojekt?

Nun steht fest, was auf dem Gelände der kleinen ABZ-Siedlung in Leimbach entstehen wird: Eine Jury aus Fachexperten und ABZ-Mitarbeitenden hat das Siegerprojekt des Architekturwettbewerbs gewählt – einstimmig. Jonathan Roider und sein Team von Roider Giovanoli Architekten in Zürich haben den Wettbewerb gewonnen. «Ich bin stolz, dass es uns gelungen ist, eine Komposition zu finden, die diesem speziellen Raum entspricht. Von Anfang an hatten wir ein gutes Bauchgefühl», sagt der Architekt. 

Die Jury beurteilte im Februar 10 Projekte für den Architekturwettbewerb.

Die Bedingungen in Leimbach sind alles andere als optimal: vorne die vielbefahrene Sihltalstrasse, hinten ein steiler, bewaldeter Hang, rechts und links eng angrenzende Nachbarsgebäude. Wie kommt es, dass die ABZ hier einen Neubau für rund 200 Menschen realisieren will? Die Siedlung in Leimbach ist eine der ältesten der ABZ: 1926 wurde sie in Betrieb genommen. Seit 2007 beschäftigt sich Martin Grüninger, Bereichsleiter Bau und Entwicklung bei der ABZ, mit der Zukunft der Bauten. Als klar wurde, dass eine Sanierung zu aufwändig wird, führten wir Gespräche mit der Stadt Zürich. «Daraus entwickelte sich ein Tauschgeschäft», erinnert sich Martin Grüninger: Die ABZ wollte für Leimbach 400 Quadratmeter Land dazukaufen, um baurechtlich die Arealgrösse zu erreichen und damit mehr Ausnutzung und mehr Geschosse realisieren zu können. Die Stadt wollte der ABZ auf dem Entlisberg in Wollishofen Land für ihr Schulareal abkaufen. «Also machten wir eine Machbarkeitsstudie, was mit den 400 Quadratmetern alles möglich wäre. Damit gingen wir in die Verhandlungen mit der Stadt – es war ein langes Hin und Her.» Schlussendlich wurde aber eine Lösung gefunden, die beiden Seiten dient. Dieser Lösung stimmten auch die Mitglieder der ABZ an einer Generalversammlung deutlich zu.

«Etwas so Spezielles wie dieses Siegerprojekt hatte ich nicht erwartet.»

Martin Grüninger, Leiter Bereich Bau und Entwicklung bei der ABZ

Dank dem Tauschgeschäft kann die Stadt Zürich ab 2025 zwei Parzellen der ABZ-Siedlung Moosstrasse 1 übernehmen, die ABZ darf in Leimbach 30% mehr Ausnutzung realisieren und höher bauen: Sieben statt vier Geschosse sind möglich. Statt 50 entstehen damit gegen 70 neue Wohnungen – und viel mehr Gestaltungsspielraum für die Architekten. Um diesen Raum auszuloten, wurden 10 Architekturbüros zum Wettbewerb eingeladen. Gewonnen hat mit Roider Giovanoli ein Nachwuchsbüro mit einem unkonventionellen Vorschlag. «Man beschäftigt sich ja lange mit diesem Ort und hat so seine Vorstellungen», sagt Martin Grüninger, «Aber etwas so Spezielles wie dieses Siegerprojekt hatte ich nicht erwartet.»

Alte ABZ-Siedlung Leimbach von 1926.
Visualisierung des Siegerprojekts von Roider Giovanoli Architekten.
Modellfoto mit der neuen Siedlung: Strasse, Bahn und Sihl im Vordergrund, Pfarreizentrum Maria-Hilf rechts, Kirche im Hintergrund.

Besonders gefällt ihm, dass es dem Projekt gelingt, die Weite dieses vermeintlich engen Tals einzufangen und zugleich einen schönen Hof zu schaffen. Das war auch das Ziel von Jonathan Roider: «Die Hauptherausforderung und unsere grösste Motivation war es, diesem Ort etwas abzugewinnen, eine Situation zu schaffen, dass hier attraktiv gewohnt werden kann. Durch die Setzung der Bauten wird das jetzt möglich: Die Strasse ist abgeschirmt, der Innenhof ist immer noch besonnt, offen und grosszügig».

«Der Ort hat den Charakter einer Waldlichtung.»

Jonathan Roider, Roider Giovanoli Architekten GmbH.

Bis die neuen Bewohner einziehen können, ist aber noch viel Arbeit nötig: Jetzt wird das Projekt weiterentwickelt, so dass die ABZ-Mitglieder voraussichtlich an der Generalversammlung 2021 darüber abstimmen können. Läuft alles nach Plan, ist der Baubeginn im Herbst 2021, der Bezug frühestens Ende 2023 möglich. «Der Ort hat den Charakter einer Waldlichtung», erklärt Jonathan Roider. «Ich freue mich, dereinst da zu stehen und den Raum zu spüren zwischen den Bäumen und den Gebäuden».

Fotografie
Reto Schlatter, Roider Giovanoli Architekten GmbH

Ariel Leuenberger

Mag Landkarten, Espresso und fremde Städte. Fährt am liebsten Velo. Leitete die Kommunikation der ABZ-Geschäftsstelle.

Artikel teilen